“Digital Natives vs. Digital Immigrants”
Man befürchtete eine Schwächung der Lehrerrolle, wenn die Schüler plötzlich ein Instrument in die Hand bekamen mit dem sie sich (angeblich) besser auskannten als die Lehrer. War aber nicht so. Es stellte sich heraus, dass die meisten Schüler den PC hauptsächlich für zwei Dinge benutzten: Spiele und Videos. E-Mail war überholt bei den Kids, da sie mit dem Smartphone Textnachrichten verschickten oder andere Chat-Möglichkeiten nutzten. Die Facebook App wurde auf dem Smartphone statt dem PC benutzt und rückte dort zugunsten von Twitter, Instagram, SnapChat etc. immer weiter in den Hintergrund.
Etwas hatten die Jugendlichen allerdings voraus: Sie hatten keine Hemmungen, den Umgang mit Technologie durch Versuch und Irrtum zu lernen, und sie waren eindeutig schneller. Die digital immigrants waren vorsichtiger und langsamer, hatten Angst, etwas falsches zu tun, was zu Unrecht als Inkompetenz ausgelegt wurde. Ließ man sich nicht durch das Tempo der jüngeren Generation verunsichern und verlangsamte die Schritte, dann konnte man mithalten. Man musste sich Fehler erlauben und auch mal die jungen Leute um Hilfe bitten. Kein Problem, wenn man die Rolle des Lehrers zu Gunsten der des Lernbegleiters aufgibt. Lehren und Lernen in einer digitalisierten Welt verlangt eben auch die Veränderung der am Lernprozess beteiligten Parteien.
Da waren also diese gefürchteten digital immigrants und wussten oft nicht, wie man einen Computer als Werkzeug verwendet. Abgesehen von der Medienkompetenz in Bezug auf Datensicherheit und Netikette fehlten grundlegende Kenntnisse in den Microsoft Office Anwendungen, der Organisation der Dateien auf dem Gerät, der Verwendung von Suchfunktionen und Kooperationsmöglichkeiten . . . Es gab einiges zu tun.
Und man konnte mit etwas grundlegendem beginnen: Organisation. Nach kürzester Zeit sahen viele Laptops aus wie unordentliche Schulranzen. Die Schüler warfen buchstäblich ohne (Ordnungs)Sinn und Verstand alles in den PC und fanden ihre Dateien nicht mehr, hatten sie überschrieben, versehentlich gelöscht. Wenn der Laptop also das Schulheft oder das Ringbuch ersetzen sollte, dann musste er nach Fächern, Unterrichtskapiteln etc. geordnet werden. Es gab (leider) kein Fach (mehr), in dem diese Dinge gelehrt wurden. Der Auftrag zum Ausbau der digitalen Kompetenzen der Schüler lag bei jedem Lehrer innerhalb des Faches, das er unterrichtete.
Parallel zum Lehrplan für das eigentliche Fach wuchs Stück für Stück “so nebenbei” ein zweites Curriculum.